Über die Herzogschwallung in Hundsbach
Dieser Artikel wurde freundlicherweise von Wolfgang Herzog zur Verfügung gestellt.
Schwallungen sind sehr aufwendig gestaltete, in der Flößerei wichtige Wasserbauten, in denen das Wasser gestaut wird, um dann, nach Öffnung der Schleusen, in einer mächtigen Woge die dahinter angesammelten Hölzer zu Tal zu tragen (1) . Andere Bezeichnungen sind „Klause“ oder „Kluse“. Diese Wasserbauten waren wesentliche Voraussetzung, dass Holz aus entlegenen Waldgebieten ohne geeignete Strassenverbindungen abtransportiert werden konnte.
Die Herzogschwallung (auch Herzogs-Schwellung genannt) wurde um 1745 erbaut. Sie war eine von 6 Schwallungen im Einzugsbereich der Raumünz (2) und lag bei der heutigen Weiherbrücke in der Hundsbacher Dorfmitte (siehe Bild 1). Sie war eine Holzkonstruktion, die ihren Namen nach ihrem Erbauer erhielt (3). Es handelte sich um den Holzmacher Johann Michael Herzog (1698-1754) aus Schenkenzell (4), der sich nach dem im Jahr 1745 zwischen dem Generalunternehmer Franz Anton Dürr und dem Badischen Staat abgeschlossenen Akkord in Hundsbach ansiedelte. Der Akkord diente zur Erschließung und Ausbeutung der Hundsbacher Waldungen. Es ist davon auszugehen, dass Johann Michael Herzog große Erfahrungen im Bau und dem Betrieb von Schwallungen aus dem seit langem durch die Flößerei erschlossenen Kinzigtal mitbrachte.
Im Buch von Jägerschmidt (3) aus dem Jahr 1800 wird die „Herzogsschwellung“ als ein beeindruckendes Bauwerk beschrieben und jedem Leser geraten, er solle sich ja nicht davon abhalten lassen, sie zu besichtigen und in Aktion zu sehen. Das sei ein unvergessliches „Schauspiel, das die Kunst ohne besondere Hilfe der Natur nie nachahmen kann“.
In der Tat war der Betrieb einer Schwallung auch ein touristisches Ereignis, das in der Zeitung angekündigt wurde und zahlreiche Schaulustige anzog. In einer Notiz des Rastatter Wochenblattes vom April 1844 wird die „Haupt-Holzschwallung am großen Wasserfall zwey Stunden hinter Forbach“ angekündigt und beschrieben als „ein Schauspiel, welches in seiner überraschenden Großartigkeit und Eigenthümlichkeit sehr sehenswerth ist“ (6). Gemeint war der Wasserfall am Zusammenfluss von Schwarzenbach und Raumünzach.
Der Bau hölzerner Schwallungen benötigte eine große Menge an Bauholz und die Lebensdauer eines solchen Bauwerks wurde mit etwa 20 Jahren angegeben (7), da das Holz durch die dauernde Feuchtigkeit und den Kontakt mit dem Erdreich mit der Zeit faulte. Die Unterhaltung war sehr teuer, immer wieder waren aufwändige Reparaturen und Sanierungen fällig. Deshalb ging man z.B. in Bayern und der Pfalz ab Anfang des 19. Jahrhunderts dazu über, Schwallungen und die Bachläufe aus Sandstein zu errichten, den es in der Pfalz zumindest direkt vor Ort gab (8). Die ursprünglich hölzernen Bauwerke an der Biberach und dem Schwarzenbach wurden in den 1840er Jahren vom Weisenbacher Steinmetzmeister Johann Belzer neu in Stein errichtet. Diese stehen heute noch.
Im Jahr 1846 wurde geplant, die Herzogschwallung an den Zusammenfluss von Hundsbach und Gressbach zu verlegen und gleichfalls neu in Stein zu bauen. Dazu gab es ein Kostenangebot von Johann Belzer über 42.299 Gulden. Im Vorgriff darauf wurde der Hundsbach zwischen dem neu geplanten und dem alten Standort bereits begradigt, was die Anlieger Benedict Herrmann und Ferdinand Schnurr auf den Plan rief und Ersatz für die entgangenen Heuernten ihrer beschädigten Wiesen verlangten (9). Weitere Anlieger vom Aschenplatz protestierten gegen den geplanten Neubau, der auch ihre Wiesen und damit die Ernährungsgrundlage ihres Viehs zerstört hätte, durch reißendes Schwallwasser bzw. durch Überflutung (10). Der Neubau wurde jedenfalls nicht realisiert, welche Gründe am Ende auch immer maßgebend waren. So wurde die alte Herzogschwallung weiter am Leben erhalten und immer wieder für viel Geld repariert.
Die Arbeit an den Schwallungen war nicht ungefährlich. Im Februar 1854 geschah ein Unglück, bei dem der 21-jährige Anton Herrmann, Sohn des Benedict Herrmann, zu Tode kam. Mit vier anderen Arbeitern war er vor der Schwallung damit beschäftigt, Holzscheite aufzuschichten, während die Schwallung bereits gespannt, d.h. der Schwallweiher vollgefüllt war. Plötzlich löste sich die Verriegelung des linken Schleusentores, und die Fluten rissen Holz und Männer hinweg. Anton Herrmann wurde am nächsten Abend eine Stunde Fußweg flussabwärts, am sog. „Fall“ zwischen zwei Felsen eingeklemmt, tot aufgefunden. Ein zweiter Arbeiter, Bernhard Bäuerle, wurde schwer verletzt, die restlichen konnten sich retten. Als mögliche Ursache wurde vermutet, dass sich Eisplatten an den Wassergassen aufstauten und durch mechanische Krafteinwirkung schräg zur Schleuse, das Tor entriegelten. Jedenfalls wies die Schwallung wohl keine Schäden auf, die das Unglück hätten verursacht haben können (12)
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Im Oktober 1862 wurde die Herzogschwallung bei Hochwasser stark beschädigt. Es hatte tagsüber geschneit und über Nacht sammelte sich eine große Menge Schmelzwasser an, Sturm und starker Regen taten ein Übriges. Die Schwallung sollte aber geschlossen bleiben, weil die Murgtäler Flößer aufgrund anstehender Flößungen Anweisung gaben, die Schwallung zu füllen und nur im äußersten Notfall abzulassen. Der Schwallungsaufseher Joseph Schnurr hatte vorsichtshalber die Vorwassertore geöffnet, bemerkte jedoch nicht, dass der Schwallweiher wegen des sehr schnell steigenden Hochwassers am frühen Morgen trotzdem überlief, wodurch die Schleuse stark beschädigt wurde. Man wollte ihn dafür haftbar machen und entlassen; am Ende beließ man es aber bei einer Strafe von 3 Gulden, weil man ihm eine Alleinschuld nicht anlasten und bei einem Jahresgehalt von nur 15 Gulden eine 24-Stunden-Überwachung nicht ernsthaft verlangt werden konnte (13).
Weitere Reparaturen wurden vorgenommen, bis 1867 schließlich entschieden wurde, die Herzogschwallung aufzugeben und abzubrechen. Die Murgschifferschaft sah auch keinen weiteren Bedarf mehr, der eine kostspielige Sanierung gerechtfertigt hätte, denn in zunehmendem Maße wurde das Holz nicht mehr geflößt, sondern über die neugebauten Straßen abtransportiert.
Die Herzogschwallung wurde schließlich 1867/68 abgebrochen und das Bauholz sowie die Metallteile derselben verkauft (14). Geblieben ist an der Stelle die heutige Weiherbrücke (siehe Titelbild).
Die heute noch existierende Biberacher Schwallung wird auf Wegweisern und Karten oft als „Herzogschwallung“ bezeichnet, was so nicht korrekt ist. Der Name lebt also noch weiter, das Bauwerk ist aber längst verschwunden.
Copyright für diesen Artikel: Wolfgang Herzog
Anmerkungen:
Seite 6
1 Hasel, Karl
"Herrenwies und Hundsbach. Ein Beitrag zur forstlichen Erschließung des nördlichen Schwarzwaldes", Forschungen zur Deutschen Landeskunde, Band 45, Verlag von S.Hirzel , 1944
2 Landesarchiv Baden Württemberg, Generallandesarchiv Karlsruhe, Bestand 220 Nr. 290; im Jahr 1770 wurde das Alter der Schwallung von einem Expertengremium mit 25 Jahren angegeben
3 Jägerschmid, "Das Murgtal ....", Nürnberg 1800, S. 90
4 Dieser war übrigens ein Vorfahr des Verfassers (Ur-Ur-Ur-Ur-Urgroßvater)
5 Landesarchiv Baden-Württemberg, Generallandesarchiv Karlsruhe, H Windeck (Forst) 3, Bild 1
6 Rastatter Wochenblatt vom 24.4.1844, Badische Landesbibliothek Karlsruhe
7 Landesarchiv Baden Württemberg, Generallandesarchiv Karlsruhe, Bestand 391 Nr. 15739
8 Seebach, Helmut, „Altes Handwerk und Gewerbe in der Pfalz Pfälzerwald...“, Bachstelz-Verlag, 1994
9 Landesarchiv Baden Württemberg, Generallandesarchiv Karlsruhe, Bestand 391 Nr. 15739
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11 Landesarchiv Baden-Württemberg, Generallandesarchiv Karlsruhe, H Herrenwies 20, Bild 1, Blatt 2a
12 Landesarchiv Baden Württemberg, Generallandesarchiv Karlsruhe, Bestand 391 Nr. 15739
13 dito
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